Welche Ziele suchen wir uns für unsere Schläge auf den Tennisplatz? Wohin soll gespielt werden, um Ballwechsel und damit Matches zu gewinnen?
(Unter anderem) dieser Frage hat sich Philipp Born in seiner Doktorarbeit 2017 angenommen und - neben empirischen Erkenntnissen bspw. über die Ballwechsellänge, besonders erfolgsversprechende Aufschlagmuster - herausgearbeitet, dass insbesondere die sogenannten "C-Zonen" (siehe Schaubild) wesentlich für den Ausgang eines Matches sind.
Für den ein oder anderen Clubspieler ist die Überraschung sicherlich groß, ist doch "Länge" landläufig das wichtigste Kriterium für einen guten Schlag. Wissenschaftlich betrachtet gewinnt allerdings der Spieler das Match, der häufiger die C-Zonen trifft - Länge als Schlagkriterium spielt nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Born 2017: 57-66).
Neben der statistischen Signifikanz sprechen auch logische Gründe für die C-Zone als DIE Sieger-Zone auf dem Tennisplatz:
- Wer hierhin spielt, kann den Gegner durch Winkelspiel nach außen treiben oder sogar einen Winner schlagen.
- Wer hierhin spielt, hat eine Linie - die Grundlinie - als Fehlermöglichkeit weniger.
Insofern sollte das Anspielen dieser Zone wesentlicher Bestandteil des Trainings eines jeden Spielers sein. Einige Übungsvorschläge, insbesondere auch was die erweiterte Spieleröffnung angeht, finden sich ebenfalls in der erwähnten und sehr lesenswerten Doktorarbeit.
Quelle: Born, Philipp (2017): Systhematische Analyse der erweiterten Spieleröffnung im Herrentennis der Weltspitze inklusive Ableitung anwendungsorientierter Trainingsformen. URL: Doktorarbeit Philipp Born Stand 1-148.pdf.pdf (d-nb.info), zuletzt abgerufen am 24.09.2021.
Übung:
Als kleines Beispiel findet sich hierfür unter diesem Beitrag auch ein kurzes Video: Zwei Spieler starten den Ballwechsel longline; beide dürfen abwechselnd den Ball cross auf die C-Zone eröffnen. Um den Anreiz und die Qualität zu steigern wird ein Treffen der Zone mit anschließendem Punktgewinn doppelt gewertet. Bei der Umsetzung der Übung lassen sich beide Gründe für die C-Zone als DIE Siegerzone erkennen: obwohl die Zone minimal verfehlt wird, kann ein enormer Winkel erzeugt und recht sicher ein erzwungener Fehler erreicht werden.
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Ronny Schneider (Donnerstag, 27 Juni 2024 15:41)
Hallo,
also ich finde ehrlich gesagt, dass Heraussuchen einer einzigen "Zone" als das Nonplusultra den falschen Ansatz. Natürlich ist die Aussage, die C-Zonen zu treffen, bringt Vorteile mit sich, richtig. Doch es bedarf dann schon einer detaillierteren Betrachtung.
DENN: Diese Zonen zu treffen birgt ein großes Risiko.
Zum einen das Netz, was anders als bei einem Cross-Schlag lang schwerer umgangen werden kann. Da muss der Spieler schon technisch sehr versiert sein.
Außerdem ist der Weg für den Ball nicht mehr so weit. Es passieren häufiger Fehler, die den Ball seitlich ins Aus fliegen lassen. Schon bei kleinsten Abweichungen im Treffpunkt.
Alles in Allem muss für einen Winkelball in Zone C schon ziemlich viel richtig sein. Und es bedarf jeder Menger Übung, um die Zone regelmäßig und ohne Fehler zu treffen.
Ich würde daher eher dazu raten, sich im Tennis Training zunächst auf Konstanz und Sicherheit zu konzentrieren. Einige Übungen dazu habe ich bei mir im Blog aufgeführt: https://www.sandplatz-tennis.de/tennis-training-effektiv-meistern/
Wenn der Spieler einen guten Topspin sowie das entsprechende Niveau hat, könnte man durchaus überlegen die C Zonen zu trainieren. Um diese im Match punktuell anzuspielen, nicht ständig!
Jedoch bieten diese dem Gegner ebenfalls viele Optionen. Er kann longline angreifen oder mit noch mehr Winkel kontern.
Tennis Profis die 8 Stunden am Tag auf dem Platz stehen, können damit sicher viele Punkte gewinnen. Im Amateurbereich sehe ich zu viel Risiko. Weil diese Spieler zu risikoreich spielen und in den falschen Momenten den Winkelball suchen.
Zumal es auf weitere Faktoren ankommt. Die Spielstärke, Schwächen und Stärken der Spieler und das taktische Grundverständnis. Was zwingend notwendig ist, um eine gute Auswahl der Winkelbälle vornehmen zu können.
In der Regel dürfte so ein riskanter Schlag eher in offensiven Situationen Sinn ergeben. Denn NUR DANN wird der Faktor Netz minimiert, außerdem der Winkel verbessert. Weil der Spieler die Möglichkeit hat ins Feld zu gehen. In einer neutralen oder defensiven Situation macht es überhaupt keinen Sinn.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, Zone C ist effektiv. Aber es bedarf einer guten Vorbereitung im Ballwechsel, um erst die Möglichkeit zu schaffen diese Zone anspielen zu können.
Daher ist Zone C vielleicht die Sieger-Zone, aber eben statistisch betrachtet auch der schwierigste Schlag, den es effektiv nur in einer Hand voll Situationen möglich macht. Und darum kann Zone C allein niemals der Sieger-Spielzug sein!
Viele Grüße
Ronny
Lucas Lambert (Donnerstag, 01 August 2024 17:27)
Hallo Ronny,
zunächst mal vielen Dank für deinen Beitrag! Es freut mich, dass du dir die Zeit für einige Anmerkungen genommen hast - das gibt mir die Möglichkeit, das ein oder andere nochmal genauer zu erläutern.
Du führst beispielsweise an: "Daher ist Zone C vielleicht die Sieger-Zone, aber eben statistisch betrachtet auch der schwierigste Schlag, den es effektiv nur in einer Hand voll Situationen möglich macht." - Eine Statistik der "schwierigsten Schläge", auf die du anspielst und welche die Zone kurz hinter der T-Linie als besonders schwer auszeichnet, ist mir nicht bekannt. Nochmal der Hinweis: Im Gegensatz zu langen Schlägen in die Ecke ist das Risiko um eine Linie reduziert. Zudem sind nähere Zielfelder einfacher zu treffen als weiter entfernte an der Grundlinie; du spielst ja über eine Distanz von 10m genauer als über 20m.
"In der Regel dürfte so ein [...] Schlag eher in offensiven Situationen Sinn ergeben." - Vollkommen richtig! Nur, wenn ich in neutralen oder offensiven Situationen bin, öffne ich Winkel bewusst und versuche dadurch, den Gegner unter Druck zu setzen. In defensiven Situationen suche ich eher die (lange) Mitte, um dem Gegner genau solche Schläge in die C-Zone zu erschweren.
"Im Amateurbereich sehe ich zu viel Risiko." - Dem widerspreche ich, da die Fehlerquote im Vergleich zu langen Schlägen nach außen deutlich geringer ist - gerne ausprobieren! Klar ist natürlich, dass erstmal der Ball ins Feld muss, bevor über weitere Handlungsmuster nachgedacht werden kann; eine solche Spielstärke sollte man also haben. Wer allerdings, auf welchen Niveau auch immer, an Medenspielen teilnimmt, muss sich der Bedeutung dieser Zone bewusst sein.
Falls du dich weiter austauschen möchtest, kannst du gerne die Kommentarfunktion nutzen oder dich auch persönlich melden.
Viele Grüße
Lucas